Beiträge von HerrDaimon

    Etwas genauere Informationen wären auch mir hilfreich, bspw. auch über den Hintergrund der Veranstaltung. Interlaken ist leider relativ weit weg von Basel, aber unter Umständen ... (Ich nehme nicht an, dass die Organisatoren Spesen übernehmen würden? ;-))

    Um realistisch zu sein: Die Weinempfehlungen sind auch für NT's nichts durchschaubar und da gibt es jenste Abweichungen. Da sind "wir" nichts Besonderes ;) Aus oenologischer (weinkundlicher) Hinsicht ergänzen sich bestimmte Geschmacksnuancen besser. Das ist bspw. auch der Grund, weshalb nur wenige einen süssen Dessertwein zu einem saftigen Braten trinken würden. Weil es sich geschmacklich seltsam anfühlt. Aber auch da: Mein Halbbruder mischte in seiner Jugend mit Begeisterung Ketchup und Mayonnaise unter Reis, Fleisch und Salat (ja, alles in einem Teller). Sehr viele Menschen finden das widerlich. Geschmäcker sind verschieden.
    Wenn ich mich allerdings an meinen Vater halte, der zwar kein Spezialist, aber dennoch ein Weinkenner ist, so sage ich: Je mehr man sich mit der Weinkunde befasst, desto eher bemerkt man auch die geschmacklichen Nuancen und desto eher wird man bestimmte Weine zu spezifischen Essenstypen bevorzugen. Weil man kein "Weinneandertaler" mehr ist, sondern auf die Nuancen achtet. Die Geschmackswahrnehmung kann man anscheinend tatsächlich "ausbilden".
    (Anhang: Ich trinke schon länger keinen Alkohol mehr ;-))


    Zur Kirchentreppe: Älteren Menschen bedeutet der Kirchgang oftmals noch mehr als uns. Deshalb nehmen sie wohl auch gerne mehr Mühe auf sich, um in die Kirche zu gelangen, während sie im Privaten solche Treppen eher zu meiden versuchen. Ich denke, wir sind ja selbst auch bereit, etwas mehr Mühen in etwas zu investieren, das uns wichtig ist.


    Wo ich dieses "man" wirklich bemerke, ist im sozialen Bereich: Das sagt man nicht, das tut man nicht, man duzt nicht einfach so usw. Da finde ich es dann auch schwieriger, Anleitungen dazu zu finden. Während man obige Aspekte mit Literatur und Logik relativ gut deuten und erschliessen kann, findet man sich im kommunikativen Bereich oftmals im Trial-and-Error-Prinzip (trotz vorhandener Literatur, die aber ohne Praxiserfahrung nur begrenzt etwas bringt). Ich weiss auch gar nicht, ob es dann hier richtig ist, diese als "unsinnig" zu bezeichnen. Vielleicht haben oder hatten einige Regeln mal einen Sinn, der sich aber uns nicht erschliesst und der vielen NT's auch gar nicht bewusst ist?

    Ich schliesse mich da Fraktal an.


    Ich beispielsweise habe eine ziemlich saubere "Erwerbsbiografie", die nicht auf das Asperger-Syndrom schliessen liesse. Und nicht wenige andere wird es geben, bei denen es genauso aussieht. Schlussendlich habt ihr damit also nur eine Sammlung von "Problemfällen", womit Asperger wieder in die Ecke der Gestörten gezwängt wird. Dass Aspies auch relativ unauffällig in der Gesellschaft leben, bleibt unerwähnt. Aber genau das wäre ja für die Aufklärung der Gesellschaft wichtig.

    Mein Humor ist klassisch schwarz, trocken und sarkastisch. Eigentlich fast schon untypisch für einen Aspie, da ich aber in einer Familie aufgewachsen bin, in der Sarkasmus und Ironie von klein auf gepflegt wurde, kannte ich nie etwas anderes und musste mich fast intensiv damit beschäftigen. Auch heute noch kann ich mir in einem Gespräch selten irgendwo einen ironischen Kommentar verkneifen. Zudem liebe ich den britischen Humor, insbesondere auch alles von den Pythons. Je böser, desto besser.


    Übrigens, ein Witz, den ich mal von einer Krankenschwester erzählt bekam:
    Es war mal eine Geburt, sehr anstrengend und intensiv für die Eltern. Endlich kam das Kind auf die Welt, alle glücklich. Der Arzt untersucht es, dreht es hin und her, horcht die Brust ab, zuckt mit den Schultern und wirft es nach hinten an die Wand. Die Eltern völlig entsetzt: "Was machen Sie denn da???" Der Arzt lapidar: "Kein Problem, war schon tot."
    (Anscheinend pflegen sehr viele im Medizinbereicht Tätige einen sehr schwarzen Humor, um mit dem ständigen Tod besser umgehen zu können.)

    Entsprechend meinem ersten Satz hier kann ich Religion nicht von Mensch trennen. Menschen haben Religionen erfunden, Menschen setzen sie um und Menschen "leben" sie, jeder auf seine Weise - mit oder ohne Schweinereien.


    Ich sehe mich dabei, unabhängig von AS, überhaupt nicht in der Masse der "üblichen Religionsverteufler". -> Meine Ansicht! Einen Unterschied zwischen Religion und Kirche mache ich nicht, weil die Kirche Religion zelebriert und verbreitet. Ein Glaube, ja der kann völlig unabhängig sein. Auch ich habe einen Glauben, der hat jedoch weder mit Kirche noch Religion zu tun. Weil für mich Kirche und Religion ist wieder = Mensch, und der Erdenbürger ist hier nur eine gewisse Zeit geduldet und wird wieder verschwinden. Wie viele Säugetiere vor ihm in der Erdgeschichte. Für die Erdgeschichte ist Kirche und Religion zeitlich gesehen - sorry für den Ausdruck - ein Pups aus einem Vulkankrater.


    Lieber Herr Daimon, wenn du meine Aussagen in deinen Zeilen meinst, bitte zitiere diese direkt und antworte direkt darauf. Das erspart mir daraus zu lesen zu versuchen, ob eventuell mein Text damit "gemeint" sein könnte. Also wenn du mich in meiner rationalen Überzeugeung angreifst, dann würde ich mich schon persönlich angegriffen fühlen. Aber das ist jetzt auch ohne Zitate und sicher genauso schräg zu interpretieren wie dein Text.

    Ich habe mit Absicht nicht dich direkt zitiert, sondern mich an die Allgemeinheit gerichtet :) Schliesslich wollte ich hier ja keine 1:1-Diskussion mit dir anstreben, sondern die andere Sicht auf die Dinge darstellen und vor allem mögliche Tendenzen zu "wir sind Aspies, also glauben wir nicht" von vornherein abwehren. Was weiter daraus entstand, sehen wir ja hier ;) Ich habe vor allem Mühe damit, wenn Menschen zu missionieren anfangen. Und da schliesse ich Atheisten mit ein, die An-was-auch-immer-Gläubige krampfhaft von der Nicht-Existenz Gottes/Buddhas/Spagettimonsters etc. zu überzeugen versuchen. An dieser Stelle möchte ich gerne noch einmal einen Beitrag hervorholen, den ich in dieser Diskussion sehr gut fand:

    Zitat von friedel

    Wenn wir geboren werden, bekommen wir einen leeren Bereich (in unserem Herzen, im Kopf oder wo auch immer) mit auf die Welt, der dafür vorgesehen ist, mit etwas gefüllt zu werden, an das wir glauben können.
    Das Füllen übernehmen normalerweise die nächsten Mitmenschen.
    Was innerhalb der ersten zehn Lebensjahre reinkommt, ist später nur schwer wieder zu verändern.
    Ist die Füllung nicht ausreichend, kommt es normalerweise zu einem diffusen Gefühl, dass irgendetwas fehlt.


    Um das Bedürfnis, an etwas zu glauben, zu befriedigen, ist es nicht zwingend notwendig, an etwas Beweisbares oder bereits Bewiesenes zu glauben.
    Aber es muss für einen persönlich einen Sinn oder einen Vorteil haben.


    Denn letztlich ist es ganz egal, an was ein Mensch glaubt. Das muss keine Religion sein, auch kein Glaube oder eine höhere Instanz. Es genügt eine Überzeugung, eine eigene Ethik oder Moral, ein Gewissen. Denn ein Mensch, der an gar nichts mehr glaubt, dessen Leben wird fade, ziellos, beklemmend oder noch schlimmeres. Und das ist auch dieses Gefühl, dass all die Menschen verspüren, die in eine Glaubenskrise geraten. Und aus diesem Grund finde ich es verwerflich, wenn Menschen gezielt den Glauben von anderen Menschen zu schwächen versuchen. An diesem Punkt unterscheide ich nicht mehr zwischen den übereifrigen Sektenmissionierern und den extremen Atheisten. Jedem seinen Glauben. Wenn wir Menschen diese Akzeptanz besitzen würden, hätten wir keine Religionskriege mehr (ja, und auch hier rechne ich den Atheismus als Glauben oder Religion mit ein, nämlich als den Glauben an die Nicht-Existenz von etwas Höherem).

    Ich finde es bedenklich, dass gerade Aspies, die ja die Wissbegierde so hoch halten (wie weiter oben geschrieben), in das selbe unreflektierte Horn stossen wie die übrigen Religions- und Glaubensverteufler. Wenn man schon diese Wissbegierde hoch hält, sollte man doch zumindest einen ganz klaren Unterschied machen zwischen Kirche und Religion/Glaube. Und wenn man dann noch religiöse Überzeugungen nur den nicht-wissbegierigen NT's unterstellt, da fühle ich mich als gläubiger Aspie durchaus etwas angegriffen. Nicht persönlich angegriffen, sondern in meiner rationalen Überzeugung. Ich selbst bin in einem christlichen Umfeld aufgewachsen und habe diese als sehr offen und mitfühlend wahrgenommen (wohlgemerkt: evangelisch-reformiert). Vermutlich auch deshalb, weil ich in einem sehr ländlichen, katholischen Kanton aufgewachsen bin und die Gemeinde der Reformierten daher eher klein und "eingeschworen" war. Zudem bekam ich über meinen Vater, der im kirchenmusikalischen Bereich schweizweit tätig war, einiges aus dem katholischen Umfeld mit (inkl. der dreckigen Wäsche wie heimliche Beziehungen entgegen dem Zölibat etc. ;-)). Ich selbst bin jedoch mit 20 Jahren aus der Kirche ausgetreten und zum Zen-Buddhismus gewechselt. Mit dem ich mich nun seit mehreren Jahren beschäftige. Gerade der Zen-Buddhismus dürfte eine Form von Religion sein, der auch rationale Menschen anspricht, da keine übergeordnete göttliche Instanz gepredigt wird. Im Gegenteil: Die Verantwortung liegt beim Einzelnen und erfordert viel Arbeit an sich selbst. Ich kann aber durchaus verstehen, dass persönliche negative Erfahrungen einen dazu verleiten können, das Konzept als Ganzes zu verteufeln. Ab diesem Punkt sollte aber dann die Sachlichkeit einsetzen und ein Strich zwischen persönlicher und fremder Erfahrungswelt gezogen werden.


    Daher: Glaube und Religion ist und war unbestritten historisch nützlich und sinnvoll für sehr viele Menschen. Das Problem ist die Institutionalisierung und Instrumentalisierung dieser Motivation durch Menschen zum Zwecke der persönlichen Zielerreichung. Das betrifft insbesondere die christlichen Kirchen im Mittelalter, aber auch die muslimischen Gemeinschaften in der heutigen Zeit (siehe IS, Al Kaida, Boko Haram etc.).


    An diesem Punkt finde ich es schön, dass im kirchlichen Umfeld auch solche Tendenzen - entgegen dem Meinungs-Mainstream - ausgemacht werden können, dass sich die Seelsorge durchaus ernst nimmt und sich mit solchen "Randthemen" wie Autismus beschäftigt. Das dürfte nicht zuletzt auch der langsamen Reformation der katholischen Kirche durch Papst Franziskus geschuldet sein. Denn die Basis dieser Kirche denkt in der Regel völlig anders und wesentlich progressiver als die Führungsetage und jetzt ist erstmals seit langem wieder eine teilweise Übereinstimmung der beiden zu finden.