Hallo Endeavour
Die AS Eigenschaft, dass ich immer recht habe, dass ich immer alles besser weiss, dass ich immer alles unter Kontrolle haben muss, liessen mich hier oft scheitern. Heute kann ich eine Arbeit, eine Aufgabe delegieren oder einfach von anderen machen lassen ohne dass ich einen inneren Zwang habe mich vergewissern zu müssen ob auch alles richtig gemacht wurde. Es braucht Vertrauen dass auch andere Menschen die Dinge die ich "perfekt" kann auch können. Vertrauen in den Partner, Vertrauen in die Kinder, Vertrauen in die Mitarbeiter. Es war zwar einigermassen leicht für mich dieses Vertrauen zu haben aber es war enorm schwer für mich den anderen dieses Vertrauen zu offenbaren. Wie mache ich dem Partner nach über 20 Jahren klar dass ich auf einmal Vertrauen habe das ich bis jetzt nie gezeigt hatte?
Ich gebe es zu. Zu Beginn brauchte es viel Kopfarbeit bei mir. Noch viel mehr als vorher, wenn ich einen Rat als Rat, eine Hilfe als Hilfe und nicht einen Rat als Kritik und eine Hilfe als "etwas wegnehmen" auffassen wollte. Eben dieses Erkennen von "Gut und Böse".
Ich musste meine Grundeinstellung ändern. Statt alles negativ zu sehen und dann im Nachhinein zu erkennen dass das meiste postiv war stufe ich heute alles positiv ein und erkenne in Einzelfällen dass es gewisse negative Punkte hat. Diese Umstellung dauerte einige Zeit. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen dass ein "normaler" Mensch ca. 60 Anläufe braucht, bis er ein neu gelerntes Verhalten oder eine Reaktion instinktiv macht. Bei AS sind bedeutend mehr Anläufe nötig, wenn es überhaupt möglich ist.
Hier ein konkretes, lapidares Beispiel wie ich früher reagierte: Meine Frau und ich machen eine Wanderung die ich geplant hatte. Sie sagt unterwegs beiläufig:"Ich habe müde Beine, wenn nicht so kalter Wind wäre könnten wir hier eine Pause machen". Sofort begann mein Kopf die Aussage zu analysieren: "müde Beine"?? Habe ich eine zu lange Tour geplant, zu steil, zu wenige Pausen, war ich zu schnell gelaufen, ect. Zu " kalter Wind "?? habe ich die Wetterprognosen falsch interpretiert, die falsche Route ausgewählt(auf der anderen wäre sicher windstill und wärmer) Ich interpretierte die Aussage total falsch und fühlte mich für alles verantwortlich, sogar für das Wetter. Jeder einzelne Punkt fasste ich als Kritik auf, gegen mich.
Meine Frau meinte mit der Aussage einfach nur, dass sie müde Beine hat und dass sie ohne kalter Wind Lust auf eine Pause hätte.... Punkt. So wie sie sagt, dass heute Fraitag ist. Es war einfach ein Aussage, eine Feststellung von ihr ohne Hintergedanken, ohne Erwartungshaltung, ohne Forderung.
Wir machen morgen wieder eine Wanderung die ich geplant habe. Wenn Sie wieder sagt.:"Ich habe müde Beine, wenn nicht so kalter Wind wäre könnten wir hier eine Pause machen", sage ich vielleicht, "Das mit der Pause ist eine gute Idee" oder sonst irgendetwas. Fühle mich aber nicht mehr kritisiert oder angegriffen.
Ich kann AS nicht verhindern, lerne aber die Nachteile auszugleichen und geniesse die Vorteile.