Beiträge von Joe65

    Hallo Endeavour


    Die AS Eigenschaft, dass ich immer recht habe, dass ich immer alles besser weiss, dass ich immer alles unter Kontrolle haben muss, liessen mich hier oft scheitern. Heute kann ich eine Arbeit, eine Aufgabe delegieren oder einfach von anderen machen lassen ohne dass ich einen inneren Zwang habe mich vergewissern zu müssen ob auch alles richtig gemacht wurde. Es braucht Vertrauen dass auch andere Menschen die Dinge die ich "perfekt" kann auch können. Vertrauen in den Partner, Vertrauen in die Kinder, Vertrauen in die Mitarbeiter. Es war zwar einigermassen leicht für mich dieses Vertrauen zu haben aber es war enorm schwer für mich den anderen dieses Vertrauen zu offenbaren. Wie mache ich dem Partner nach über 20 Jahren klar dass ich auf einmal Vertrauen habe das ich bis jetzt nie gezeigt hatte?


    Ich gebe es zu. Zu Beginn brauchte es viel Kopfarbeit bei mir. Noch viel mehr als vorher, wenn ich einen Rat als Rat, eine Hilfe als Hilfe und nicht einen Rat als Kritik und eine Hilfe als "etwas wegnehmen" auffassen wollte. Eben dieses Erkennen von "Gut und Böse".


    Ich musste meine Grundeinstellung ändern. Statt alles negativ zu sehen und dann im Nachhinein zu erkennen dass das meiste postiv war stufe ich heute alles positiv ein und erkenne in Einzelfällen dass es gewisse negative Punkte hat. Diese Umstellung dauerte einige Zeit. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen dass ein "normaler" Mensch ca. 60 Anläufe braucht, bis er ein neu gelerntes Verhalten oder eine Reaktion instinktiv macht. Bei AS sind bedeutend mehr Anläufe nötig, wenn es überhaupt möglich ist.


    Hier ein konkretes, lapidares Beispiel wie ich früher reagierte: Meine Frau und ich machen eine Wanderung die ich geplant hatte. Sie sagt unterwegs beiläufig:"Ich habe müde Beine, wenn nicht so kalter Wind wäre könnten wir hier eine Pause machen". Sofort begann mein Kopf die Aussage zu analysieren: "müde Beine"?? Habe ich eine zu lange Tour geplant, zu steil, zu wenige Pausen, war ich zu schnell gelaufen, ect. Zu " kalter Wind "?? habe ich die Wetterprognosen falsch interpretiert, die falsche Route ausgewählt(auf der anderen wäre sicher windstill und wärmer) Ich interpretierte die Aussage total falsch und fühlte mich für alles verantwortlich, sogar für das Wetter. Jeder einzelne Punkt fasste ich als Kritik auf, gegen mich.


    Meine Frau meinte mit der Aussage einfach nur, dass sie müde Beine hat und dass sie ohne kalter Wind Lust auf eine Pause hätte.... Punkt. So wie sie sagt, dass heute Fraitag ist. Es war einfach ein Aussage, eine Feststellung von ihr ohne Hintergedanken, ohne Erwartungshaltung, ohne Forderung.


    Wir machen morgen wieder eine Wanderung die ich geplant habe. Wenn Sie wieder sagt.:"Ich habe müde Beine, wenn nicht so kalter Wind wäre könnten wir hier eine Pause machen", sage ich vielleicht, "Das mit der Pause ist eine gute Idee" oder sonst irgendetwas. Fühle mich aber nicht mehr kritisiert oder angegriffen.


    Ich kann AS nicht verhindern, lerne aber die Nachteile auszugleichen und geniesse die Vorteile.

    "Ich nehme aus der Geschichte aber auch den umgekehrten Schluss mit: AS sehen oft auch nicht die guten Absichten der anderen und verärgern Leute, die einem "nur" helfen wollen. Ich nehme oft gut gemeinte Kritik als Angriff wahr"


    Natürlich ist es auch umgekehrt gültig. Ich habe vor allem in meiner Partnerschaft nicht nur oft, sondern praktisch immer, gut gemeinte Kritik oder Ratschläge unbewusst als Angriff wahrgenommen und mich auch entsprechend verhalten. Auf jeden dieser "Angriffe" folgte meine Verteidigung oder meine Gegenwehr. Dies hat meine Partnerin natürlich nicht verstanden.


    Jetzt, da ich den "Mechanismus" verstehe, gelingt es mir schon ganz gut Ratschläge auch als Rat oder als Hilfe anzusehen und lasse auch Hilfe zu.

    Mit dieser Geschichte sprichst du ein gosses Problem von AS an. AS sind ehrlich und loyal, erwarten (oder erhoffen) das aber auch von den anderen. AS sehen nicht die bösen Absichten der anderen und werden oft ausgenutzt. Es ist für einen AS sehr schwer einen wahren Freund zu erkennen. Genauso schwer erkennen AS auch die Feinde.


    Wie soll man im Voraus erkennen ob es jemand gut oder böse meint? Die Mimik des Gegenüber hiflt einem da nicht weiter.

    Hallo zizu


    Ich kann nur aus persönlicher Erfahrung schreiben und keine Empfehlung abgeben. Jeder Mensch ist ja individuell. Für mich war es in der Schulzeit wichtig an einem Rand zu sitzen. Dabei war es weniger wichtig ob des "Fensterrand" war oder die hinterste Reihe. Ich musste einfach das Gefühl haben dass ich auf einer Seite in "Sicherheit" bin. Die besten Plätze waren für mich die hinteren beiden Ecken. Auch ein Platz in der Nähe der Türe war gut.


    Es sollte weitgehend dem Kind überlassen werden wo es sich wohlfühlt. Immer gut ist wenn das Kind etwas Bekanntes aus dem Vorjahr übernehmen könnte wie Platz, Lehrperson, Bezugsperson, Gspänli, ect.(zumindest bei unseren AS war das so)


    Das mit der HP kann ich nicht beurteilen. Hier kommt es immer auf die Anzahl AS Eigenschaften und die Ausprägungen an. Ich für mich hätte mich nicht wohl gefühlt in der Nähe einer HP. Das kommt aber auf die bisherige Beziehung der HP und das Kindes an.


    LG Joe65

    Das eigentliche Thema, AS - NT Partnerschaft kam zu kurz, darüber wurde schon geschrieben.


    Was mich persönlich auch stark getroffen hat war die Aussage AS Mütter können nicht die Verantwortung für die Kinder übernehmen oder vernachlässigen die Kinder. Wenn AS Frauen die Eigenschaften von NT Männern haben und AS Männer noch viel weiter in dieser Richtung denken und fühlen.... So wäre ja mit dieser Ansicht ein AS Mann eine absolute Gefahr für die eigenen Kinder. Ich als AS Ehemann habe viel Zeit mit unseren vier Kindern verbracht. Das letzte was ich getan hätte wäre diese zu vernachlässigen oder ihnen ein Leid geschehen zu lassen. Ich kann mich als echter umsorgender Vater, Beschützer, Ernährer, Freund oder Kollege unserer Kinder bezeichen.


    Was ich allerdings nicht konnte war, für die Kinder ein Tröster und Unterstützer in der Jugendzeit und Pubertät sein. Hier bin ich dankbar, dass meine NT Frau ihren und meinen Teil voll übernommen hat. Unsere Ehe hat stark darunter gelitten weil meine Frau sich nicht unterstützt und völlig alleingelassen fühlte.


    Dies geschah alles im Unwissen über eine AS Diagnose und hätte für unser Ehe beinahe das Ende bedeutet. Darum finde ich es sehr wichtig die in der Sendung erwähnte Grauzone zu diagnoszieren. Hier gibt es noch viel Nacholbedarf.


    Eine neue Homepage ist am entstehen: www.asperger-partner.ch schaut mal rein.