Teil 1:
Hallo windlicht,
Hier schreibe ich nur aus meiner Perspektive, die nur eine einzige Sicht auf die Dinge darstellt. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass ich verallgemeinere.
Ich habe diese Radiosendung damals gehört. Das Interview mit euch beiden ist mir speziell in Erinnerung geblieben. Auf mich hast du stark gewirkt, gefestigt, trotz (oder auch wegen?) deinen Depressionen. Dein Partner machte auf mich den Eindruck, irgendwie nicht beteilligt zu sein, wie ein Komet, der für sich ganz allein durch das Weltall fliegt. Eure Situation war zum Zeitpunkt ähnlich wie jene von meiner Frau und mir. Wir sind verheiratet, haben zwei Kinder und wohnen zusammen. Ich selber hätte gerne eine eigene Wohnung, einen Rückzugsort. Nicht für immer, einfach mal für ein paar Tage um wieder mal richtig zu mir zu kommen. Auch meine Frau hat und hatte Depressionen, nicht nur aber auch wegen meinem Asperger-Syndrom, weil ich die Emotionen, die sie braucht um zu leben nicht bieten kann. Das ist sehr schwierig für uns beide, wir arbeiten daran.
Das kompromisslose Abbrechen von Beziehungen kenne ich selber nicht, auch wenn ich in meinen Phantasien solche Szenarien durchspiele. Ja, ehrlich, manchmal überlege ich mir das. Nur umsetzen möchte ich und kann ich das nicht. Mir fehlt die Energie dazu und ich weiss, dass ich eine Verantwortung habe, meiner Frau und meinen Kindern gegenüber. Die Vorstellung, einfach alles hinter mir zu lassen ohne Kommentar, ohne ein Wort, das geht mir zu weit, das tut weh. Die Kinder nie mehr sehen? Nein, das geht nicht. Lieber versuche ich, wenn ich derartig im Stress bin, das mit mir, in der Therapie und mit meiner Frau zu lösen. Oder einfach mal darüber zu schlafen.
Mein Vater hat das so gemacht. Er hat verschiedene gute Freundschaften aus manchmal nicht nachvollziehbaren Gründen, einfach abgebrochen, von einer Sekunde auf die andere. Zu hause konnten wir die Namen dieser Menschen nie mehr erwähnen. Offiziell hatte er keine Diagnose, aber ich bin sicher, heute hätte er eine Asperger-Diagnose. Bei mir löste das eine grosse Unsicherheit aus: Wenn ich etwas falsches sage oder falsches mache das ihm nicht passt, kann es sein, dass er die Beziehung abbricht. Das verunsichert enorm. Genau das möchte ich meinen Kindern ersparen.
Das mit dem Anvertrauen von Geheimnissen wage ich mal, obwohl ich kein Fachmann bin, das eher der Schizophrenie als dem Asperger-Syndrom zuzuschreiben. Das hat für mich etwas paranoides. Damit wurdest du ja enorm unter Druck gesetzt. So etwas kann ich nicht, weil ich das auch nicht durchziehen könnte, so einen Druck meiner Frau gegenüber aufrechtzuerhalten.
...Teil 2 im nächsten Post....
HinterGlas