International Herald Tribune

  • Die International Herald Tribune (internationale Ausgabe der New York Times) berichtet in Ihrer Ausgabe vom 06. April (Karfreitag) in einem kurzen Artikel über gerade erst entdeckte Zusammenhänge zwischen zwischen Genen und Autismus (inklusive Asperger). Kernaussage ist für mich: "The gene mutations are extremely rare and together account for a tiny fraction of austism cases (...) But experts said the new research gave scientists something they have not had: a clear strategy for building some understanding of the disease's biological basis." - Die Mutationen sind sehr selten und nur für einen kleinen Bruchteil der Autismusfälle verantwortlich (...) Aber Experten sagen, dass Biologen jetzt zum ersten Mal eine klare Strategie haben, um die biologische Basis dieses Leidens zu verstehen.


    Wer will kann den Text des Artikels von mir bekommen.

  • Hmm, ich weiss nicht recht, was ich davon halten soll. Wie bei vielen anderen Sachen ist das ein zweischneidiges Schwert.
    Mit der fMRI wird es evt. in absehbarer Zukunft möglich sein, den physischen Ort von kriminellem Geschehen bildlich darzustellen, bzw. aus bestimmten Aktivitätsmustern in gewissen Gehirnbereichen auf bestimmte Verhaltensweisen zu schliessen. Ähnliches geschieht im Bereich der Neurobiologie - sprich - der Mensch ist das Ergebnis seiner Neurochemie.
    Gut ok, das mag durchaus sein, wenn wir, die Gesellschaft daraus schliesst, dass z.B. unser Rechtswesen seine Paradigmen überdenken muss, denn wenn jemand durch seine Gehirnphysiologie oder seine Neurochemie zum Straftäter wird, kann man ihn nach dieser Vorstellung nicht für schuldig erklären - er agiert ja quasi fremdgesteuert. Andererseits leben wir gerade in einer Welt, die alle Gefahr präemptiv verhindern will, Stichwort Überwachungsstaat, Sicherheitsparanoia etc. - eine orwellsche Vorstellung würde dann schnell damit enden, dass man Menschen mit einer bestimmten nachweisbaren Hirnfunktion, eine Art Algoritmus-Screening quasi präventiv aus dem Verkehr zieht. Dass im Bereich der Kriminalitätsprävention aktiv an der Erkennung von bestimmten menschlichen Verhaltensmuster zur Vorhersage von gewalttätigem Verhalten geforscht wird, ist längst bekannt.
    Das ist auch mit der Genforschung nicht anders.


    Vom aufklärerischen Standpunkt aus gesehen, möchte ich jedenfalls nicht in einer derart fremdbestimmten Welt leben.
    Auch wenn wir objektiv vielleicht von unserer Anatomie und Biochemie bestimmt werden, sind wir dennoch in der Lage über unser Handeln zu reflektieren und empfinden uns zumindest subjektiv als Wesen mit einem freien Willen, das autonom denkt und handelt.
    Mich selbst jetzt auf eine bestimmte Genmutation zu reduzieren mag zwar einerseit eine Erleichterung sein, indem ich sagen kann, ich trage etwas in mir, was die Natur/Gott/Schöpfer oder wer/was auch immer so programmiert hat - für mich schmeckt das aber zu sehr nach Opferrolle, womit ich mich persönlich jedenfalls nur schwer abfinden mag.


    Pascal

  • Ich habe mich im Studium einige Jahre sehr intensiv mit Hirnforschung befasst und lange erwogen, das als beruflichen Schwerpunkt zu wählen.
    Aus meiner Erfahrung sage ich:
    Das ist die Hoffnung der Wissenschaftler:
    "Mit der fMRI wird es evt. in absehbarer Zukunft möglich sein, den physischen Ort von kriminellem Geschehen bildlich darzustellen, bzw. aus bestimmten Aktivitätsmustern in gewissen Gehirnbereichen auf bestimmte Verhaltensweisen zu schliessen. Ähnliches geschieht im Bereich der Neurobiologie - sprich - der Mensch ist das Ergebnis seiner Neurochemie." ,


    aber daraus wird in absehbarer Zeit nichts.
    Spätestens seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts gab es alle 10 bis 15 Jahre einen riesigen euphorischen Rausch in der Hirnforschung, weil man glaubte, jetzt endlich begriffen zu haben, wie das Gehirn funktioniert. Bloß um dann wenige Jahre später beschämt eingestehen zu müssen, dass die gemachten Versprechungen viel zu umfassend gewesen waren.
    Die Frage, in welchem Maße das Handeln, Denken und Empfinden des Menschen kausal determiniert oder frei sind, wird seit vielen Jahrzehnten an der Schnittstelle von Wissenschaft und Philosophie intensiv diskutiert. Ich kann bislang nicht sehen, dass in dieser Frage in den letzten 50 Jahren entscheidende Fortschritte gemacht worden sind.


    Ich habe aber mal ein Gedankenexperiment entwickelt, das ich mit zunehmender Sorge weiter verfolge. Es ist nur eine Fantasie. Wie und wann diese Fantasie konkret realisierbar sein wird, bleibt in diesem Gedankenexperiment völlig außen vor:
    Was wäre, wenn sie eines Tages einen Chip entwickeln würden, den man ins Gehirn einpflanzen kann. Einen Chip, der aus Autisten NTs macht. Würden sie uns zwingen, uns den einpflanzen zu lassen? Würden sie uns staatliche Vergünstigungen streichen, wenn wir es nicht tun? Würde es eine Art Pranger im Internet geben für alle, Autisten, die sich diesen Chip nicht einpflanzen lassen? Was würde aus uns, wenn wir den Chip im Kopf hätten? Wären wir dann noch Menschen?
    Es gibt zahlreiche gruselige Science-fiction-storys, in denen Wesen von außerhalb den Menschen irgendwas ins Gehirn pflanzen, um aus ihnen genügsame und problemlos laufende Maschinen zu machen. Was bleibt uns Autisten von unserem Wesen, von unserer Persönlichkeit, von unserer Einzigartigkeit, von unserer Menschenwürde, wenn sie uns den Autismus nehmen? Einer meiner liebsten Comiczeichner hat das mal aus einer anderen Warte gut auf den Punkt gebracht: http://www.gocomics.com/pearlsbeforeswine/2003/11/09 (Wer will, dem schreibe ich eine Übersetzung dazu).


    Wenn Autismus als Krankheit definiert wird, läuft logischerweise alles Forscherstreben auf so einen Chip hinaus. Denn eine Krankheit muss bekämpft und geheilt werden. Vor diesem Hintergrund verfolge ich sehr aufmerksam, was die Gentechniker und Hirnforscher in Sachen Autismus so an Ergebnissen zusammentragen.

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